WIESBADEN. Jedes siebte Kind in Deutschland war 2023 von Armut bedroht. Das geht aus den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Damit hat sich die Quote im Vergleich zum vorhergehenden Jahr kaum verändert. Die Zahl steigt zudem noch einmal, wenn die Analyse berücksichtigt, dass sich Armut „nicht nur in finanziellen, sondern auch in sozialen Faktoren niederschlagen“ kann, wie die Statistiker*innen mitteilen. Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen sind die Folgen schwerwiegend: Der schlechte finanzielle Hintergrund bedeutet für sie nicht nur Verzicht im Alltag, sondern häufig auch schlechtere Bildungschancen.
Knapp 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland waren im vergangenen Jahr armutsgefährdet. Das entspricht einer Armutsgefährdungsquote von 14 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Als armutsgefährdet gelten Personen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügen. 2023 lag dieser Wert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1.314 Euro netto im Monat, für Haushalte mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2.759 Euro netto im Monat.
Bildungsabschluss der Eltern ausschlaggebend
Insbesondere Kinder und Jugendliche, deren Eltern lediglich über einen Haupt- oder Realschulabschluss, aber keinen beruflichen Abschluss verfügen, sind laut Destatis von Armut bedroht. Mehr als ein Drittel von ihnen waren 2023 armutsgefährdet (36,8 Prozent). Unter Kindern und Jugendlichen von Eltern mit einem mittleren Bildungsabschluss wie beispielsweise einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder dem Abitur galt dies nur für 14,3 Prozent. Die Quote sinkt auf 5,8 Prozent, wenn die Eltern einen höheren Bildungsabschluss wie etwa einen Meistertitel oder ein abgeschlossenes Studium als höchsten Abschluss hatten.
Die Zahl der von Armut betroffenen Minderjährigen steigt noch einmal, wenn berücksichtigt wird, dass Armut „ein mehrdimensionales Phänomen“ ist, erklärt das Statistische Bundesamt. Demnach kann sich Armut „nicht nur in finanziellen, sondern auch in sozialen Faktoren niederschlagen“. In diesem Fall war 2023 fast jedes vierte Kind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Dieses Risiko besteht, wenn mindestens eine von drei Bedingungen zutrifft:
- das verfügbare Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze,
- die Erwerbsbeteiligung der im Haushalt lebenden, erwerbsfähigen Haushaltmitglieder ist sehr gering oder
- der Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen. Diese zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass sich ein Haushalt beziehungsweise eine Einzelperson finanziell mehrere Dinge nicht leisten kann, wie Hypotheken oder die Miete rechtzeitig zu bezahlen, jährlich einen einwöchigen Urlaub an einem anderen Ort zu verbringen, unerwartet anfallende Ausgaben aus eigenen Mitteln zu bestreiten, mindestens zwei Paar passende Schuhe in gutem Zustand zu besitzen, wöchentlich einen geringen Geldbetrag für sich selbst aufzuwenden oder über eine Internetverbindung zu verfügen.
Schwerwiegende Folgen
Für die von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen bedeutet der schlechte finanzielle Hintergrund neben Verzicht im Alltag oftmals auch einen geringeren Bildungserfolg. Denn in Deutschland – darauf verweisen Studien seit Jahren immer wieder – beeinflussen die finanziellen Bedingungen, unter denen Kinder aufwachsen, maßgeblich ihre Bildungschancen. So schneiden Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien nicht nur schlechter in Schulleistungsstudien ab, selbst, wenn sie die gleichen Leistungen erbringen wie Kinder aus sozioökonomisch privilegierten Familien, erhalten sie seltener eine Gymnasialempfehlung und halten sich auch selbst für weniger talentiert. News4teachers
Wenn talentierte Schüler (aufgrund ihrer sozialen Herkunft) nicht an sich glauben
Wurden die Kinder aus der Ukraine mit einberechnet? Im letzten Jahr – 2023 – lebten ja sehr viele in Deutschland.
„In diesem Fall war 2023 fast jedes vierte Kind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.“
Ich lese immer von sprunghaften Anstiegen. Aber entscheidende Faktoren, durch die ein Anstieg zustande kommt, werden oft nicht benannt. Warum eigentlich nicht?
Wie kann das sein? Haushalte mit geringem Einkommen haben doch durchschnittlich ein Vermögen von >300.000 Euro – starker Zuwachs von 2017-2021 (laut Bundesbank).
Diese Studien zeigen immer wieder erwartbare Ergebnisse, aus immer dem selben Grund, der nur nie benannt wird.
Diese Konstellation sorgt dafür, dass intelligente Eltern beruflich erfolgreich und finanziell gut situiert sind und dann intelligente Kinder bekommen. Natürlich statistisch betrachtet, doch darum geht es ja hier. Aus diesem Sachverhalt wird dann lediglich die Korrelation zwischen Armutsgefährdung und Bildungserfolg herausgegriffen um dann nach Chancengleichheit zu rufen.
Die auch im Artikel erwähnte schlechtere Beurteilung von sozioökonomisch schwachen ggü. bessergestellten Kindern bei gleicher Leistung ist zwar bedauerlich, aber nur ein Nebenkriegsschauplatz und vermutlich mit dem intuitiven Erfassen der o.g. Zusammenhänge und den Erfahrungen der Lehrkräfte zu erklären.
Bei der Intelligenz von Kindern und Juggendliche, das hatten wir schon an anderer Stelle, sind Sprünge von 20-IQ-Punkten drin – das ist von normalbegabt zu hochbegabt. Oder umgekehrt.
Heißt: Förderung wirkt (und zwar unabhängig von der „erblichen Komponente“). Gerne hier nachlesen: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/hirnforschung-iq-von-jugendlichen-kann-sich-stark-veraendern-a-792740.html
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Das habe ich auch nicht bestritten. Ich habe nur einen Erklärungsansatz für den status quo eingebracht.
Und, wie Sie schon schreiben, das ist unabhängig von der erblichen Komponente. Förderung wird diese Lücke niemals schließen. Wenn alle gleichermaßen gefördert werden, würde sie sich nichteinmal verkleinern.
Wenn alle gleichermaßen gut gefördert würden, gäbe es – Willen vorausgesetzt – keine Bildungsverlierer mehr. Herzliche Grüße Die Redaktion
Das liest sich gleichermaßen schön und naiv. Die Anzahl der relativen Bildungsverlierer bliebe gleich.
Uns geht es um die absoluten – gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2023/03/knapp-50-000-jugendliche-verlassen-die-schule-ohne-abschluss-jedes-jahr-lehrerverbaende-streiten-ueber-die-ursachen/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Das ist erstaunlich, es geht doch auch um relative Armut.
Bitte definieren Sie „Bildungsverlierer“.
Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher. Herzliche Grüße Die Redaktion
Wie wollen Sie verhindern, dass Kinder/Jugendliche, die aus ihren Familien flüchten (Straßenkinder), die Sucht- oder andere psychische Probleme haben, … die Schule nicht abbrechen? Wie wollen Sie in die Familien „eingreifen“? Dann bräuchte es einen sehr restriktiven Überwachungsstaat. Man kann durch Förderung (je früher, desto besser) viel erreichen, aber „keine Bildungsverlierer mehr“ ist eine schöne, aber naive Uttopie! Meiner Erfahrung nach liegen die meisten Ursachen für Schulabbruch in den Familien und wie wollen Sie da eingreifen? Das kann Schule nicht richten und schon gar nicht mit dem Personalmangel und sonstigen derzeitigen Problemen in Schulen, Kitas und Jugendämtern.
Ja, da stimme ich Ihnen sehr zu. Es gibt immer Kinder, die in so schwierigen Verhältnissen aufwachsen, dass sie die Schule nicht abschließen – trotz manchmal guter Intelligenz.
Wichtig wäre es, das externe Bildungswesen viel besser aufzubauen, auch die Anbindung an Jugendpsychiatrien etwa. Und dass der Einstieg lebenslang gelingen kann, wäre wichtig.
Noch 2003 wurde einer mir persönlich bekannten Neunzehnjährigen mitgeteilt, sie wäre nach überstandener Drogensucht für Abschluss ihrer Schule oder Beginn einer Lehre schon zu alt. 🙁
Sie arbeitet bis heute prekär.
Sehr geehrte Redaktion,
schon zwei verschiedene IQ-Tests, am selben Tag unter den selben Bedingungen durchgeführt, können mehrer IQ-Punkte Unterschied ergeben! Es ist also wissenschaftlich unseriös immer wieder diese Zahl von 20 Punkten Unterschied durch Förderung zu betonen! Unbestritten dagegen ist, dass gezielte Förderung die Intelligenz verbessern kann/sollte.
Mit freundlichen Grüßen
potschemutschka
Selbstverständlich geben IQ-Tests immer nur einen Mindestwert an. 20 Punkte sind allerdings ein immenser Unterschied, der sich nicht mal eben durch Tagesform erklären lässt.
Dass Intelligenz bei Kindern form- und entwickelbar ist – durch Förderung, durch was sonst? -, ist längst Stand der Forschung. Gerne hier nachlesen: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/iq-von-kindern-kann-sich-aendern-145931/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Den letzteren Abschnitt bestreite ich doch gar nicht! Aber die genaue Zahl der IQ-Punkte! Und es ist auch nicht richtig klar, welche(r) Test(s), wann und wie durchgeführt werden/wurden und welche Intelligenzkompetenzen (?) durch welchen Test genau gemessen werden/wurden. Es gibt zahlreiche verschiedene IQ-Tests, allein in meinen 40 Dienstjahren als Sonderschullehrer habe ich mindesten 5 verschiedene kennengelernt, die mit meinen Schülern durchgeführt wurden.
P.S.: ich bin mir übrigens sehr sicher, würde ein Psychologe mit Ihnen, liebe Redaktion, 3 verschiedene IQ-Tests innerhalb weniger Tage durchführen, würden sich die Ergebnisse um mindestens 5 Punkte unterscheiden, mMn. ein immenser Unterschied innerhalb weniger Tage. 🙂
Hier meine Erfahrung: Ich unterrichte viele abgehängte Kids, deren Intelligenz wirklich nicht das Problem ist!
Geben Sie es zu, falls Sie wirklich Lehrkraft sind, dann arbeiten Sie an einem Gymnasium!
Das bezweifele ich auch keinesfalls! Es geht nur um statistische Zusammenhänge.
Diese schnelle Evolution bei Intelligenz hat was merkwürdiges: Vor etwa 200 Jahren haben die Deutschen fast alle eine sehr geringe Intelligenz vererbt, fast alles Landarbeiter die beim IQ Test sicher nichts gerissen hätten , dann ging es steil bergauf (ziemlich erstaunlich, 500000 Jahre Menschheit kaum Entwicklung dann in 200 Jahren Steil bergauf, bis dann um 1970 die vererbte Intelligenz immer mehr abnahm (erkennbar daran: Immer mehr Menschen verarmten). So funktioniert Evolution (im Weltbild von vollkommen durchgeknallten Sozialdarwinisten die sich wie ich befürchte auch noch für Intelligent halten)
@Uwe
Haben Sie dazu wissenschaftliche Quellen?
Sie können natürlich den Stand der Forschung ignorieren, wenn Sie das möchten, nur nennen Sie mich bitte nicht einen „durchgeknallten Sozialdarwinisten“.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1220572/umfrage/von-armut-oder-sozialer-ausgrenzung-bedrohte-kinder-in-europa/
In der Statistik liegt Deutschland im Mittelfeld. Länder wie Frankreich, Italien und Spanien liegen noch hinter Deutschland. Mir fehlen in dem Artikel eine umfassende Ursachenanalyse und durchdachte Lösungsvorschläge.
Das wirft für mich eine interessante Frage auf: Vielleicht hängt es auch damit zusammen, wie viel im jeweiligen Land überhaupt von Kindern erwartet wird bzw wie der Erziehungsstil ist, ob Kinder so sehr angehängt werden oder nicht.