Zugang zu schwer erreichbaren Familien an Schulen im Brennpunkt: Der Brückenbauer

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Schulen im Brennpunkt suchen häufig nach Möglichkeiten, Zugang zu schwer erreichbaren Familien und Communities zu finden. An der Dortmunder Anne-Frank-Gesamtschule schafft ein Bildungsmediator Vertrauen zwischen Rom*nja-Familien und der Schule – und öffnet Türen in die jeweils andere Welt. SchuB, das Online-Magazin für Schulen im Brennpunkt der Wübben Stiftung Bildung, hat ihn einen Tag begleitet.

Um Zugang zu schwer erreichbaren Familien und Communitys zu bekommen, ist eine gemeinsame Sprache sehr hilfreich. Foto: Wübben Stiftung Bildung/Peter Gwiazda

Der Morgen, an dem Schulleiter Bernd Bruns bestätigt sah, dass Staniša Duraković der richtige Mensch für seine Schule ist, begann mit einer Szene auf dem Lehrerparkplatz. „Ich sah eine Mutter und ihren Sohn, die hektisch und aufgeregt gestikulierten. Da stieg Duraković gut gelaunt aus seinem Auto, sprach den Schüler und seine Mutter freundlich an, redete mit ihnen, und auf einmal wurde die Situation ganz leicht.“ Bruns habe noch gefragt, ob er helfen könne, aber Duraković habe geantwortet: „Ich mache das, alles wird gut.“

Der Mann, der an der Anne-Frank-Gesamtschule in der Dortmunder Nordstadt dafür sorgt, dass sich vieles zum Guten fügt, hat eine unkonventionelle Berufsbezeichnung. Staniša Duraković ist als Rom*nja-Bildungsmediator bei der Maßnahme „Vast vasteste – Hand in Hand“ (siehe weitere Infos im Infokasten) im Einsatz. Seine Jobbeschreibung ist in keinem Katalog des öffentlichen Dienstes zu finden, er besitzt keinen formalen Schul- oder Studienabschluss, und doch leistet er an der Anne-Frank-Gesamtschule Hilfe von unschätzbarem Wert. „Herr Duraković ist eine nicht mehr wegzudenkende Kraft bei uns an der Schule“, betont Schulleiter Bruns.

Sprache als Verbindungsglied

Der Grund, warum ein Mann wie Duraković gebraucht wird: Viele der Rom*nja, die zwischen 2015 und 2018 in großer Zahl aus Südosteuropa in die Dortmunder Nordstadt zogen, leiden unter struktureller Benachteiligung und Diskriminierung. Das verhindert häufig, dass die Kinder und Jugendlichen aus dieser Community gut im Bildungssystem ankommen. Die Anne-Frank-Gesamtschule etwa stellte fest, dass viele Schülerinnen und Schüler nicht regelmäßig zum Unterricht erschienen. Gleichzeitig hegten die Familien aufgrund schlechter Erfahrungen mit Behörden in ihren Herkunftsländern und in Deutschland großes Misstrauen gegenüber der Schule.

Eine Reise nach Rumänien mit Vertreterinnen und Vertretern von Schulen und Ämtern öffnete Bruns den Blick für die Lebenswirklichkeit der Rom*nja -Familien, die oft von Armut und Ausgrenzung geprägt ist und in der formelle Bildung eine eher geringe Rolle spielt. Und schnell wurde klar: Eine Mediatorin oder ein Mediator musste her – eine Person, die die Sprachen der Menschen spricht und zwischen Schulen und Elternhaus vermitteln kann.

Im Jahr 2019 entwickelte die Stadt Dortmund gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen und der Freudenberg-Stiftung das Pilotprojekt „Vast vasteste – Hand in Hand“, um Rom*nja als Bildungsmediatorinnen und Bildungsmediatoren für neu zugewanderte und bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche aus Südosteuropa in Dortmund einzusetzen. Und diese Maßnahme erfüllt der serbische Rom Duraković an der Anne-Frank-Gesamtschule gemeinsam mit seiner schulischen Tandempartnerin, der Lehrerin Emel Engintepe, mit Leben. Sein Job ist es, Vertrauen zu schaffen. Das gelingt dem 30-jährigen Familienvater vor allem durch seine positive, aufgeschlossene Art.

Dabei hat Duraković, Cargohose, Sneaker, Ohrringe, selbst keine positive Schulerfahrung. Als Rom*nja-Kind wurde er in der deutschen Grundschule gemobbt, nach seiner Rückkehr nach Serbien durfte er gar nicht mehr in die Schule. Trotzdem hat ihn der Job angesprochen. „Ich selbst hatte keine Unterstützung, da habe ich mich wiedergefunden. Ich hatte nie etwas mit Schule zu tun, jetzt bin ich in der Schule zu Hause“, erklärt er.

Den vollständigen Text finden Sie auf Schu.B  – hier geht es hin.

Online-Magazin SchuB

Die Reportage ist im Online-Magazin SchuB der Wübben Stiftung Bildung veröffentlicht worden. Ziel von SchuB ist es, den Schulen im Brennpunkt und den Menschen vor Ort – vor allem ihren Herausforderungen und Leistungen – mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung zu geben. Zudem sollen Konzepte, die an Schulen bereits gut funktionieren, an andere weitergetragen werden, damit Schulen im Brennpunkt in ganz Deutschland Impulse für ihre Arbeit bekommen und gestärkt werden. Jede Woche erscheinen neue Beiträge auf der Seite. Mehr Infos gibt es auf www.schub-magazin.org

Dies ist ein Beitrag der Wübben Stiftung Bildung. Reportage: Ursula Barth-Modreker

Individuelle Förderung an Schulen im Brennpunkt: „Wir möchten alle Förderbedarfe in den Blick nehmen“

 

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