„Undenkbare Wege“: Bildungsminister sieht Fortschritte bei Suche nach Lehrkräften

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POTSDAM. Der Lehrermangel ist an Schulen allgegenwärtig – auch in Brandenburg. Der Bildungsminister sieht nun erste Fortschritte.

Wo laufen sie denn? Illustration: Shutterstock

Im Kampf gegen den Lehrermangel im Land sieht Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) erste Erfolge. «Wir gehen undenkbare und neue Wege, um den Unterricht abzusichern», sagte Freiberg am Freitag vor Hunderten Lehrern beim Schulkongress in Potsdam. Binnen kürzester Zeit sei etwa ein praxisnaher Lehramtsstudiengang in Senftenberg aus dem Boden gestampft worden. Mit Stipendien versuche man zudem, Studieninteressierte für den Beruf Lehrer zu begeistern und ihnen den ländlichen Raum schmackhaft zu machen.

Die Personalsituation sei aktuell die größte Herausforderung an den Schulen, so Freiberg. «Sie sind die wichtigste Stütze unseres Schulsystems.» Klassische Ausbildungswege würden nicht reichen, um das Problem nachhaltig zu bekämpfen. Seit langem setze man daher auf Seiteneinsteiger. Ab dem kommenden Schuljahr könnten zudem Lehrkräfte, die ihren Ruhestand hinausschieben, zusätzliche Vergütungen erwarten, so Freiberg. Auch über solche Hebel wolle das Ministerium das Personal verstärken.

Gleichzeitig wisse er um die vielen unterrichtsfernen Aufgaben, die bei den Lehrern aufwüchsen, erklärte der Minister. Bürokratische Aufgaben wolle man reduzieren. «Die Kollegen in den Schulen sind vielfach erschöpft», sagte er. Sie sehnten sich danach, das Wesentliche zu tun. Hierzu habe man mit der Bildungsgewerkschaft GEW eine Vereinbarung getroffen.

So könne laut der Vereinbarung ab dem kommenden Schuljahr unter anderem die Anzahl der zu schreibenden Klassenarbeiten in der Grundschule und in der Sekundarstufe I reduziert werden. Es werde nur noch eine Bandbreite hinsichtlich der Anzahl vorgegeben, hieß es in einer Mitteilung des Bildungsministeriums vom Freitagnachmittag. Zudem sollen zur Unterstützung bei Verwaltungsaufgaben weiter Schulassistenzkräfte eingestellt werden. Ein solches Modellprojekt war Anfang 2024 eingeführt worden und soll nun ausgebaut werden. News4teachers / mit Material der dpa

Keine Entspannung: Pensionierungswelle schiebt Lehrermangel in neue Höhen

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5 Kommentare
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Tim Bullerbü
2 Tage zuvor

Also in Niedersachsen schickt man Studierende als Aushilfslehrkräfte in die Schule.
Die haben NULL Didaktik, Methodik, Pädagogik.
Und viele sind nach einem Schuljahr derart desillusioniert, dass sie den Beruf nicht mehr ausüben möchten.
Das nenn man „Verheizen“ zugunsten der Statistik.
Im MK- Sprech heißt es „Gewinnung von Lehrkräften“.

Realist
1 Tag zuvor
Antwortet  Tim Bullerbü

Prognose: Falls das „soziale / militärische“ Pflichtjahr kommt, wird man anbieten, dieses auch in der Schule ableisten zu können (ähnlich dem Bundesfreiwilligen-Dienst). Den Einsatz als Lehrkraft wird man dann damit rechtfertigen, dass dieses Jahr dann auf das Studium oder das Referendariat angerechnet wird…

Ça me fatigue
1 Tag zuvor

Es ist wirklich interessant zu lesen, dass die Zahl der Klassenarbeiten als Besastungsproblem erkannt wurde. Ich bin immer wieder erstaunt über diese sinnfreien Aussagen.

Man sollte zwischen den verschiedenen Aufgabentypen unterscheiden, die Lehrern aufgebürdet werden und diese wichten mit der Relevanz bezüglich der Ausbildung und des Bildungsauftrags von Lehrkräften.

Reale Aufgaben von Lehrkräften (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Klassenführung mit vielen Verwaltungsaufgaben

Vermittlung fachlicher Inhalte die zum Fach gehören, das unterrichtet wird

Leistungserfassung der zugeordneten SuS

Notenkonferenzen

Teamkonferenzen

Fachkonferenzen

Gesamtkonferenzen

Förderkonferenzen

LRS Konferenzen

Pausenaufsichten

Pädagogische Tage (Weiterentwicklung Schulprogramm, Fachkurrikula, Unterrichtseinheiten, Schulentwicklung, Umsetzung neuer Anforderungen aus dem KM …) und gleichzeitig Erstellen von Arbeitsaufträgen für die Stunden, die deshalb ausfallen

SuS differenziert beim Lernen begleiten

SuS individuell fördern und fordern

Immer das Gesetz im Auge behalten

Sozialpödagogisches Eingreifen beim Formen einer Klassengemeinschaft

Sozialpädagogisches Eingreifen bei verhaltensoriginellen SuS aller Art

Körperliches Eingreifen bei Gefahr

Detektiv bei Aufklärung von Vorfällen

Anwalt und Richter bei Klassenkonferenzen aller Art

Beratung bei Problemen in der Familie für Einzelne (Eltern und SuS)

Hilfestellung bei Anträgen bei Behörden

Kommunikation mit Stellen wie Jugendamt, Inobhutnahmestellen, Arbeitsamt etc.

Reiseveranstalter (Planung, Vorbereitung, Durchführung inkl. aller Arbeiten, die damit verbunden sind für die Fahrt/Unterkunft/Programm mit pödagogischen Schwerpunkt) für Klassenfahrten und Ausflüge. D.h. immer das Gesetz im Auge behalten (Aufsichtserlass etc) plus finanzschwache Familien beraten und unterstützen, endlose Kommunikation über Mail oder Telefon bis man ein Ziel hat und ein Programm dem die Eltern zustimmen (bei Klassenfahrten über ein Jahr vor der Fahrt damit der Ansparplan realisiert werden kann)

Bank für Bares und Klassenkonto mit Bewegungen im Bereich von 10000 Euro (oder mehr oder weniger), ständige Überwachung der Eingänge bei Klassenfahrten wegen der Ansparpläne, Überwachung des Kontos durch die SL (Abtippen aller Ein- und Ausgänge und diesen nummerierte Quittungen zuordnen)

Verantwortung für eine Klasse für 5 Tage je 24 Stunden mit einer Begleitung, die man erst einmal finden muss und die auch eine Hilfskraft sein kann, die keine Ahnung von irgendetwas hat weil es kein Personal gibt.

Überprüfung und Mahnung bei Versäumnissen (Bezahlungen, Einhalten von Vereinbarungen oder Fristen etc.). Es gibt Eltern, die z.B. vereinbarte Bezahlung zurückhalten, weil sie die Teilnahme an der Klassenfahrt (=Urlaub für die Sprösslinge) als Druckmittel zuhause einsetzen. Eine vorangegangene schriftliche Bestellung der Fahrt zählt hier wenig.

Rammbock für pöbelnde Eltern und SuS

Verwaltungsaufgaben wie Pflegen von Schülerakten, einheften aller Art von Formularen, Briefen, Protokollen, Zeugnissen, Förderplänen …

Schreibarbeit: Elternbriefe für alle möglichen Mitteilungen erstellen, vervielfältigen, austeilen, Rückläufe einsammeln, nochmal kopieren und erinnern für die, die alles verlieren … endlos

Organisation und vordefinierte Abläufe durchführen: Klassenkonferenzen organisieren (Einladung, Raumfindung, Zeitpunkt finden so dass man beschlussfähig ist …) , durchführen, nachbereiten Zettel in die Akte, Elternbrief mit Ergebnis, Rücklauf Elternbrief einfordern und in die Akte, Überwachung dass beschlossene Maßnahmen eingehalten werden etc.

Prävention: Ein Auge auf die SuS in Bezug auf körperliche Unversehrtheit, sexuellen Missbrauch, psychische Probleme wie Suizidgefahr, Magersucht, Ritzen, …. die Liste ist lang – bei Problemen die richtigen Schritte einleiten … Konferenzen, Zusatztermine mit außerschulischen und innerschulische Kräften vorbereiten / durchführen / nachbeteiten, Papierkram erzeugen und … Sie wissen schon wohin damit

Schulabsentismus bearbeiten mit Überwachung, diverser Elternkontakte, Elternbriefe oder -gespräche mit Dokumentation, Konferenzen, Attestpflicht, Überwachung der Attestpflicht, weitere Briefe, Bußgeldverfahren …

Arbeitsbedingungen und Arbeitsumfeld:

Fachfremder Unterricht wegen Lehtermangel = deutliche Zusatzarbeit

Keinen vernünftigen Arbeitsplatz am Arbeitsort

Kein Platz für Arbeitsmaterialien

Kopierer, die ständig kaputt sind

Vordefinierte Pausen, die meistens keine sind, weil SuS oder KuK Gesprächsbedarf haben oder weil Pausenaufsicht zu leisten ist

Keine Zeit für Toilettengänge, etwas essen, Trinken zwischen Tür und Angel, …

Je nach Jahrgang unerträgliche Lautstärke über längere Zeit

Schlecht zu lüftende Klassenräume

Klassenräume, die zu klein sind

SuS, die kaum der deutschen Sprache mächtig sind (Wirt und Schrift)

SuS, die Sprachen sprechen, die die LuL im Normalfall nicht sprechen und daraus entstehende Probleme, die gelöst werden sollen.

Anfeindungen gegen Frauen oder allgemein gegen LuL

Respektloses Verhalten gegenüber LuL (seitens der SuS ider der Eltern)

Rassismus/ Antisemitismus… bereits von 10- jährigen

Vandalismus

Kaum Schlaf bei Klassenfahrten (5 Tage lang), im Gegenzug aber unendlich viel Verantwortung für die anvertrauten Kinder. Danach Wochenende mit Vorbereitung des Tagesgeschäfts der kommenden Woche. Erhholung Fehlanzeige.

… usw.

Zusatzaufgaben für Schulen im Konkurenzkampf:

Durchführung von Projekten die teilweise zur Zertifizierung der Schule gehören: Europaprojekte, Erasmus, Ernährung, Umgang mit digitalen Endgeräten (Mobbing, Recht am eigenen Bild, …), Betriebspraktika, usw.
Hier müssen z.T. Anträge geschrieben werden, das Projekt organisiert und durchgeführt werden, evaluiert und abgerechnet werden … viele Formulare und endlos Papier – Fristen einhalten …

Ganztagsprogramm (läuft über zusätzliche Stunden mit externer Bezahlung stundenweise, so dass Lehrkräfte, die etwas anbieten möchten, ihre Stelle reduzieren weil es sonst nicht zu schaffen ist)

Zusammenarbeit mit Stadt, Kommune, Kreis etc für eine entsprechende Beteiligung am „Leben vor Ort“ und Außenwirkung mit Terminen am Abend oder Wochenende, wenn man z.B. Projekte wie Theatergruppe /Schulchor / Schulorchester / … leitet. Keine Hilfe z.B. beim Transport von Material zum Veranstaltungsort – das geht nur mit privaten Mitteln und privatem zusätzlichem Engagement von allen Beteiligten

….

Ich bin mir sicher, dass die Liste nicht vollständig ist.

Aber zurück zum ersten Gedanken: Welche Aufgabe / Anforderung benötigt tatsächlich ein Lehramtsstudium und welche Tätigkeiten könnten an Fachpersonal ausgelagert werden (wenn welche zu finden wären) oder was kann gar weggestrichen werden?

Welche Ämter sollten einen Ansprechpartner direkt in der Schule haben um die Wege zu verkürzen?

Wie könnte man Vereine stärken, indem sie sich vermehrt um das Ganztagsprogramm kümmern (nicht ehrenamtlich – hier ist zu viel Verantwortung im Spiel)

Wo kann die Politik Gesetze und Regeln oder auch Verwaltungsaufgaben entmüllen, vereinfachen, den Problemen anpassen?

Prioritäten schaffen: Welche Probleme sind die dringendsten?

Seiteneinsteiger und Quereinsteiger arbeiten unter deutlich schlechteren Bedingungen – Zweiklassengesellschaft im Lehrerzimmer. Die Aufgaben und der Stress sind aber größtenteils gleich. Der Prozentsatz an Arbeiten, die tatsächlich in der Ausbildung vorbereitet wurden, dürfte sich jedoch nicht wesentlich unterscheiden, wenn man alle miteinander vergleicht – sofern die KuK nach ihrer Ausbildung und ihren Begabungen eingesetzt werden.

Den KuK vor Ort, die tatsächlich täglich vor den SuS stehen und ihr Bestes geben, sollte man mehr Entscheidungsfreiheit geben, weniger Vorgaben, weniger starre Regeln.

Kinder sind keine Dinge und Schulen sind keine Regale mit Schubladen. Die Sachlage ist komplizierter.

Ein hochausgebildeter Flugzeugbauer sollte den Medizinern nicht vorschreiben, wie sie zu arbeiten haben. Aber genau das passiert im Bildungswesen.

Da werden die LuL angeklagt, weil sie SuS in Not helfen möchten und zur Klärung des Problems mit verbotenen Videos hantieren.

Wir leben in einer analogen Welt – da gibt es (im Unterschied zum Digitalen) außer Schwarz und Weiß auch alle Schattierungen von Grau. Unsere Welt ist komplex! Dreht man an einem Parameter, so ist es nicht unbedingt überschaubar, was man damit anrichtet. Kein Mensch kann sich in alle Situationen hineindenken und alle Auswirkungen von Änderungen überblicken. Kein Mensch kennt alle Situationen.

Kennen Sie die Geschichte vom Flugzeuträger und dem Leuchtturm?

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Leuchtturm_und_Kriegsschiff_(Moderne_Sage)

Man sollte nicht urteilen, wenn man nicht die gesamte Situation kennt. Da aber NIEMAND alles kennen kann, muss man situationsbedingt den Fachkräften vor Ort mehr Bewegungsfreiheit geben. Schließlich gehen wir ja alle davon aus, dass der Eid, den Staats- und Landesbedienstete leisten müssen, bevor sie ihren Beruf ausüben dürfen, irgendeinen Sinn hat – oder? Wenn aber selbst das nicht zu mehr Vertrauen zwischen der oberen Ebene und den Untergebenen führt , muss ständig alles überprüft werden. Das ist mit einem riesengroßen Aufwand verbunden und kann niemals lückenlos funktionieren. Dokumentationen und Evaluationen sind unglaubliche Zeitfresser. Die Lehrkräfte die da im SSA (oder KM) diese Aufgaben der Überwachung und der Erfindung neuer Regeln übernehmen, werden dringend im Klassenzimmer benötigt. Die Zeit für Verwaltungskram, die LuL vor Ort damit verbringen, wird für die SuS benötigt.

Wenn wir nicht zum alles-kontrollierenden Polizeistaat mutieren wollen, müssen wir die Demokratie stärken und die Kompetenzen der Fachkräfte vor Ort respektieren.

Missverständnisse zwischen neu Zugewanderten und Alteingesessenen hier in Deutschland kommen oft daher, dass die Menschen mit ihren anerzogenen Vorstellungen hier genauso weitermachen, wie sie es von ihrem vorherigen Zuhause kennen. Das Fremde, das Andersartige macht Angst. Das Bekannte gibt Sicherheit. So entstehen Ghettos. Das wird an die Kinder weitergegeben. Mit der hierzulande üblichen Freiheit und Freizügigkeit, die ein hohes Maß an sich-freiwillig-an-die-Regeln-des-sozialen-Miteinanders-halten benötigt, können Menschen, die nicht damit aufgewachsen sind, nicht umgehen. Sie kennen oft nur die lückenlose Überwachung und die entsprechenden Bestrafungen. In Deutschland haben viele aber den Eindruck, dass man alles darf, alles bekommt und nichts passiert, wenn man sich nicht freiwillig an unbequeme Regeln hält. Das ist eine völlig andere Denkweise. Diese Denkweise ist in den Schulen extrem präsent und fphrt zu großen Problemen.

Aber ich schweife vom ursprünglichen Thema ab: Kann man die Situation durch Verringern der Zahl der Klassenarbeiten verbessern?

Nun … ich finde, das Problem hat wesentlich mehr und wichtigere Parameter, an denen man zuerst drehen müsste ….

Realist
1 Tag zuvor
Antwortet  Ça me fatigue

Imposante Zusammenstellung!

Das Kernproblem ist, dass die Politik irgendwann auf die fixe Idee gekommen ist, dass Schule und insbesondere die dort beschäftigten Lehrkräfte für die „Rund-um-sorglos“-Versorgung der Schülerinnen und Schüler zuständig wären. Und viele Lehrkräfte und insbesondere eine gewisse (nur dem Namen nach) GEWerkschaft haben sofort aus einer Mischung aus Idealismus, Naivität und Idelogie „Hurra!“ geschrien statt klare Grenzen zu setzten. Jetzt haben wir eine Situation, in welcher die Schule und die dort Beschäftigten vollkommen überlastet sind und kein klar denkender Mensch sich das mehr freiwillig antun will. Die Aktivierung der letzten Reserven („Einfach-Lehrer“, „Duale Lehrer“, „Bachelor-Lehrer“) wird das Problem nicht lösen, es sei denn man will den totalen Qualitätsverlust. Und Propaganda („Kein Bock auf Arbeit! Werde Lehrer!“) wirkt auch nicht mehr, so blöd sind die Leute nun auch nicht im Durchschnitt…

Um den Karren wirklich aus dem Dreck zu ziehen, muss man

  • wieder konkurrenzfähig werden zur „freien“ Wirtschaft (und zwar für alle, und nicht nur für Beamte mit mindestens drei Kindern…) und die Arbeitsbedingungen massivst verbessern (wozu auch ein Haufen Unterstützungspersonal in Vollzeit an JEDE Schule gehört: Verwaltung, IT, Sozialpädagogik, …)
  • die ganzen Irrwege der Schulreformen der letzten 20 Jahre zum Großteil wieder rückgängig machen
Ça me fatigue
14 Stunden zuvor
Antwortet  Realist

… stimmt … die IT mit ihrem Rattenschwanz an Aufgaben habe ich vergessen.