Beamtenbund-Umfrage: Ansehen von Lehrkräften steigt – Vertrauen in die Bildungspolitik schwindet

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BERLIN. Viele Bürgerinnen und Bürger trauen dem Staat nicht mehr zu, die aktuellen Krisen zu bewältigen. Das gilt insbesondere für die Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie die Schul- und Bildungspolitik. Besonders unter Anhängern von FDP und AfD ist das Misstrauen laut einer aktuellen Forsa-Umfrage groß.

Rauf und runter. Foto: Shutterstock

 

70 Prozent der Bürger halten den deutschen Staat laut einer Umfrage für überfordert. Nur noch 25 Prozent glauben demnach daran, dass er seine Aufgaben erfüllen kann. Das geht aus einer repräsentativen Bürgerbefragung im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes (dbb) hervor, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa in diesem Mai durchgeführt hat.

Für überfordert halten die Befragten den Staat demnach vor allem in der Asyl- und Flüchtlingspolitik, der Bildungspolitik sowie bei der inneren Sicherheit. In Ostdeutschland ist das Misstrauen größer als im Westen der Republik: Dort gaben 77 Prozent der Befragten an, dass der Staat aus ihrer Sicht seinen Aufgaben nicht gerecht werde. Im Westen waren es 69 Prozent.

Großes Misstrauen zeigte die Befragung auch unter Anhängern von AfD und FDP. So gaben 90 Prozent der AfD-Anhänger an, den Staat für überfordert zu halten. Bei der FDP waren es 85 Prozent. Unter den Anhängern von SPD und Grünen sind die Vertrauenswerte deutlich höher. Hier gehen nur jeweils 54 und 50 Prozent davon aus, dass der Staat seine Aufgaben nicht richtig erfüllen kann.

Das Vertrauen in die Fähigkeit des Staates, seine Aufgaben und Probleme zu bewältigen, ist seit dem ersten Pandemiejahr 2020 kontinuierlich zurückgegangen. Damals hatten lediglich 40 Prozent geantwortet, dass sie den Staat für überfordert halten. Allerdings hatten in der jährlichen Befragung auch schon 2019, also vor der Corona-Zeit, 61 Prozent den Staat für überfordert gehalten.

Für den dbb-Vorsitzenden Ulrich Silberbach ist die Entwicklung der letzten Jahre dennoch bedenklich. Er gehe nicht davon aus, dass die politisch Verantwortlichen aus diesen Misstrauenswerten bislang die richtigen Schlüsse zögen, sagte er am Mittwoch in Berlin.

Online befragt wurden nach Angaben des Beamtenbunds 2001 repräsentativ ausgewählte Menschen ab 14 Jahren. Dabei ging es wie bereits in den Vorjahren auch um die Berufe des öffentlichen Dienstes, die die Befragten besonders schätzen und jene, die bei ihnen eher ein geringes Ansehen genießen. Auch in diesem Jahr führten Feuerwehrleute die Liste der Berufe mit dem höchsten Ansehen an. 94 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass diese Gruppe ein hohes oder sehr hohes Ansehen bei Ihnen genieße. Dahinter folgen Krankenpflegekräfte (90), Ärztinnen und Ärzte sowie Altenpflegekräfte (jeweils 86).

Polizistinnen und Polizisten kommen auf einen Wert von 81 Prozent, Kita-Erzieher*innen auf 78 und Müllentsorger*innen sowie Richterinnen und Richter auf jeweils 70 Prozent. Das geringste Ansehen haben wie bereits im vergangenen Jahr Politikerinnen und Politiker (14), Mitarbeiter in einer Telefongesellschaft (11) oder einer Werbeagentur (6) sowie Versicherungsvertreter (6). Den größten Ansehensgewinn konnten in diesem Jahr Richterinnen und Richter sowie Soldaten (jeweils plus fünf Prozentpunkte) verzeichnen. Das Vertrauen in die Polizei sowie in Beamte ist jeweils um drei Prozentpunkte gestiegen.

Auch das Ansehen von Lehrkräften ist gestiegen: Gaben 2007 noch 63 Prozent der Bürgerinnen und Bürger an, Lehrerinnen und Lehrer hätten bei ihnen ein „sehr hohes“ oder „hohes“ Ansehen, so sind es aktuell 66 Prozent. Das trifft auch auf Beamtinnen und Beamte zu, die zwischen 2007 und 2024 von 27 Prozent auf immerhin 35 Prozent Anerkennung geklettert sind.

Pikanterweise trennt die Umfrage „Studienrat/-rätin“ (also in der Regel Gymnasiallehrerinnen und -lehrer) von den Lehrkräften ab – und kommt hier zu einem gegenläufigen Trend: Waren es 2007 noch 53 Prozent der Bürgerinnen und Bürger, die angaben, Studienräte hätten bei ihnen ein „sehr hohes“ oder „hohes“ Ansehen, ist der Wert seitdem auf 39 Prozent abgestürzt. Nur Unternehmer, Journalisten und Bankangestellte mussten einen noch deutlicheren Ansehensverlust hinnehmen.

Aktuell meinen ähnlich wie bereits in den letzten Jahren 43 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger, dass der öffentliche Dienst die Steuerzahler zu viel Geld koste. 48 Prozent sehen dies nicht so. Überdurchschnittlich häufig finden Arbeiter und Selbständige sowie die Anhänger der FDP, der Union und der AfD, dass der öffentliche Dienst die Steuerzahler zu viel Geld koste. Von den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst selbst meinen dies jeweils nur wenige. News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zu den vollständigen Ergebnissen der Bürgerbefragung.

Beamtenbund-Umfrage sieht Vertrauen in den Staat auf Tiefstand (auch in Schulen)

 

 

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RainerZufall
2 Tage zuvor

Ja, die Überforderung des Staates…
Der Staat halt sich nicht die Augen zu, sondern erkennt (inzwischen) die Herausforderungen an. Und man kann schnell sehen, welche Parteien das gleiche Lied anstimmen, anstatt sich der Realität zu widmen.

Was die Flüchtlinge betrifft:
https://m.focus.de/politik/deutschland/landrat-im-interview-wir-sind-ueberfordert-mit-dem-auslaenderhass-nicht-mit-den-fluechtlingen_id_260057026.html
Ein Hovh auf die guten und starken (!) Leute der CSU 😀

DerechteNorden
2 Tage zuvor

Aktuell meinen ähnlich wie bereits in den letzten Jahren 43 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger, dass der öffentliche Dienst die Steuerzahler zu viel Geld koste. 48 Prozent sehen dies nicht so. Überdurchschnittlich häufig finden Arbeiter und Selbständige sowie die Anhänger der FDP, der Union und der AfD, dass der öffentliche Dienst die Steuerzahler zu viel Geld koste.“
Ich finde ja auch, dass Lehrkräfte viel weniger verdienen sollten.
Dann gäbe es bestimmt keinen Lehrkräftemangel.//

Machen wir uns nichts vor, die Politik spekuliert doch darauf, dass viele so denken.

Mika
2 Tage zuvor

Wobei ich ja bezweifle, dass
a) jeder der Befragten weiß, was ein Studienrat ist (nämlich ein verbeamteter Lehrer im höheren Schuldienst, der A13 besoldet wird und i.d.R. am Gymnasium arbeitet) und
b) die Befragten wissen, welche der ihnen bekannten Gymnasiallehrkräfte, die sie zur Beurteilung heranziehen, verbeamtet und damit Studienräte sind.
Aus meiner Sicht hätte die Unterteilung der Lehrkräfte, wenn man denn eine vornehmen möchte, in Grundschullehrkräfte und Lehrkräfte der weiterführenden Schulen mehr Sinn gemacht.

JoS
1 Tag zuvor
Antwortet  Mika

Ich denke schon, dass die Befragten das Wissen. Da fehlt wohl eher der Hinweis, dass bei Weitem nicht alle Gymnasiallehrkräfte am Gymnasium arbeiten und die frühe Selektion als sinnvoll ansehen.

Bla
2 Tage zuvor

„70 Prozent der Bürger halten den deutschen Staat laut einer Umfrage für überfordert. Nur noch 25 Prozent glauben demnach daran, dass er seine Aufgaben erfüllen kann.“
Das „demnach“ ist hier meiner Meinung nach fehl am Platz … Außer es würde sich auf 100% aufgehen. Oder zumindest eine Vergleichszahl geben.
Sehe ich das falsch?

JoS
1 Tag zuvor

Dass das Ansehen von uns Gymnasiallehrkräften angesichts des auch hier zu beobachtenden Verhaltens mancher Kolleg*innen leidet, ist traurig, aber wenig überraschend. Vielleicht nimmt der ein oder andere Forist das ja als Anlass, den eigenen Dünkel zu hinterfragen.

Mika
1 Tag zuvor
Antwortet  JoS

Meins leidet nicht: bin kein Studienrat. Gut, ne?

JoE
15 Stunden zuvor
Antwortet  Mika

Meins auch nicht, ich arbeite aber auch bewusst nicht an einem Gymnasium.

Lisa
1 Tag zuvor

Wenn ich die Aussagen hier im Forum richtig interpretiere, ist das doch genau der Punkt. Die Lehrer tun, was sie können, um ein überlastetes und unterfinanziertes System am Laufen zu halten, die Politik ist im weitesten Sinne überfordert, ihre Aufgaben zu gestalten. Die Befragten der Studie teilen diese Meinung. Auf gewisse Weise schön, dass man uns nicht mehr für faule Säcke hält.