Umstellung geht ihnen zu langsam: Eltern machen weiter Druck für G9

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STUTTGART. Eine Elterninitiative setzt sich dafür ein, dass alle Kinder an Gymnasien in Baden-Württemberg erst nach neun statt acht Jahren Abitur machen können. Jetzt geht sie den nächsten Schritt.

Die Landesregierung ist eingeknickt – was den Eltern aber nicht reicht. Sie machen weiter Druck (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Die Elterninitiative für eine schnelle Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Baden-Württemberg lässt nicht locker. Ungeachtet einer Ablehnung ihres Volksantrages im Landtag und der Ankündigung der grün-schwarzen Landesregierung, zum Schuljahr 2025/2026 zu G9 zurückzukehren, plant die Initiative, in dieser Woche den Zulassungsantrag zum Volksbegehren beim Innenministerium einzureichen. Das kündigte Marita Raschke vom Organisationsteam der Initiative «G9 jetzt! BW» an.

Das Volksbegehren setzt auf den Volksantrag auf, der mehr als 100.000 Stimmen bekommen hat. Dadurch seien die notwendigen 10.000 Unterschriften für die Beantragung des Volksbegehrens gesammelt, sagte Raschke. Das Innenministerium wird nach Einreichung des Volksbegehrens die Zulässigkeit prüfen und dann den Sammelzeitraum für das Volksbegehren festlegen. «Dieser Prozess kann einige Wochen in Anspruch nehmen», erklärte Raschke. Für das Volksbegehren müssten die Eltern dann deutlich mehr Unterschriften sammeln als für den Volksantrag, nämlich rund 770.000.

Die grün-schwarze Koalition hatte sich noch im April auf gemeinsame Vorschläge für grundlegende Reformen geeinigt. Unter anderem soll G9 demnach zum Schuljahr 2025/2026 eingeführt werden und mit den Klassen fünf und sechs starten. Die Gymnasien sollen zudem die Option erhalten, G8-Züge anzubieten – allerdings ohne dafür zusätzliche Mittel zu bekommen.

Zur Begründung des Volksbegehrens sagte Raschke, der erste vollumfängliche G9-Jahrgang würden die aktuellen Drittklässler sein. «Die laufenden Gymnasialklassen gehen komplett leer aus, obwohl sie während Corona ihre Grundschul- oder Unterstufenzeit verbracht haben und dadurch auch massive Lernlücken entstanden sind.» Vor allem seien die psychosozialen Folgen bis heute spürbar und der Druck im G8 verstärke diese Belastung zusätzlich. «Viele Eltern haben sich explizit für diese Kinder eine dringend benötigte Entlastung gewünscht, die über unseren Gesetzentwurf des Volksantrags gekommen wäre. Deshalb möchten wir den Eltern die Chance geben, erneut basisdemokratisch entscheiden zu können, ob und wie wichtig ihnen noch eine Entlastung für ihre Kinder ist», erklärte Raschke.

Derzeit ist in Baden-Württemberg das achtjährige Gymnasium Standard. G9 gibt es nur als Modellprojekt an 44 staatlichen Schulen und an einigen Privatschulen. Außerdem kann an landesweit acht Gemeinschaftsschulen das Abitur nach neun Jahren abgelegt werden. News4teachers / mit Material der dpa

Zurück zu G9: Jeder vierte Schüler kann kaum lesen – jetzt fließt viel Geld in die Gymnasien. Wie sinnvoll ist das?

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12 Kommentare
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Mo3
3 Tage zuvor

Wenn es ab dem Schuljahr 2025/26 die Umstellung auf G9 geben soll, dann gilt das rückwirkend auch für die jetzigen Viertklässler. Sie werden zwar noch in G8 eingeschult, aber verbleiben dann bis Ende der 10. Klasse in der Mittelstufe und machen entsprechend G9. Wie stellt sich die Elterninitiative eine schnellere Umstellung vor? In NRW war es bei der Umstellung genauso und der erste Jahrgang hatte halt am Anfang (teilweise bis zum Schluss) noch die G8-Bücher, weil jedes Bundesland das Rad ja auch wieder neu erfinden muss. Was für einen Sinn soll es machen, für alle anderen jetzt einfach ein Schuljahr ohne weiteren Inhalt einzufügen – die meisten werden die Defizite aus der Coronazeit inzwischen aufgeholt haben oder ihr individuelles G9 (Klasse wiederholen) organisiert haben. Psychische Langzeitfolgen werden auch durch G9 nicht geheilt werden. Und langsam sollte man auch mal aufhören, die Corona-Zeit pauschal so zu dramatisieren. Schüler, die heute 16 Jahre alt sind gehen wieder ganz normal auf Partys und leben ihr Leben und ihre Freiheit. Richtig etwas verpasst im Leben haben die damaligen Oberstufenschüler, aber selbst diese sind in der Regel wieder in der Normalität angekommen.

unfassbar
3 Tage zuvor

Würde die Initiative die Vorbereitungszeit übernehmen, um bereits im September zu starten oder mit mehr Stufen als die 5 und 6?

Ale
3 Tage zuvor

Mich stört, dass parallel die Realschulen, Hauptschulen usw. abgeschafft werden sollen und es faktisch zu einer Gemeinschaftsschule kommen wird. Entweder diese oder Gymnasium wird es heißen. D.h. es geht mEn wieder um Geldsparen, wie jede Reform. Und ich werde in 15 Jahren mich wieder aufregen, dass die Leistungen in den Keller sind.

Konfutse
3 Tage zuvor
Antwortet  Ale

Die Leistungen sind seit 3 Jahren so arg im dunklen Keller gelandet, vor allem an der Realschule, dass ich mittlerweile den Eindruck habe, dass dies gezielt geschieht. Es kann kein Versehen sein, den SEKI-Bereich so dermaßen herunterzuwirtschaften.
Ich glaube, dass die Entwicklung da hin gehen soll, dass es immer mehr Privatschulen gibt und die staatlichen Schulen nur noch für Menschen ist, die sich das nicht leisten können. Diese Schulen, Resteschulen, werden unterirdisch versorgt, nur mit dem Nötigsten, weil es ja im Grunde nur noch um Betreuung geht. Winwin für die Bildungspolitik in Deutschland: Es wird gespart! Wie Sie es oben erwähnen!
Und dann noch ein schöner Nebeneffekt: Wenn das Volk dumm gehalten wird, kann es nicht aufmucken….

potschemutschka
3 Tage zuvor
Antwortet  Konfutse

„… kann es nicht aufmucken“ – oder wählt AfD! kann also für die Regierenden auch nach hinten losgehen.

Konfutse
3 Tage zuvor
Antwortet  potschemutschka

Das stimmt!

Rüdiger Vehrenkamp
2 Tage zuvor
Antwortet  Ale

Das nehmen wir als Eltern genauso wahr. Gemeinschatsschulen sollen doch angeblich DAS Erfolgsrezept schlechthin sein. Dass seit der Einführung in BW die Leistungen der Schüler in den Keller rauschen und das Bundesland im Ranking von den vorderen auf die hinteren Plätze durchgereicht wurde, passt hier nicht in die wohl propagandierte Erzählung der „Erfolgsgeschichte“.

Wie viele Politikerkinder besuchen eigentlich eine Gemeinschaftsschule? Wenn diese Schulart wirklich so großartig ist, müsste die simple Antwort doch „alle“ lauten…

Johann Friedrich H.
3 Tage zuvor

Nun zeigt sich der Ego-Trip der solventen Unterzeichnerinnen und Unterzeichner noch unverhüllter. Die Landesregierung kam ihnen doch in kürzester Zeit unter Vernachlässigung der Probleme der Grund- und Rest-Sek-I-Schulen entgegen. Gepaart ist dies mit einer völligen Unkenntnis der Begrenztheit von Ressourcen und der organisatorischen Realitäten.

Letztlich eine subtile Art von „roher Bürgerlichkeit“ (Heitmeyer).

Betroffene
13 Stunden zuvor

Stimme Ihnen zu.

Mein Vorschlag:
G8 beibehalten.

Beruflichen Gymnasien aufrüsten z.B. als Aufbaugymnasien = G9

Realschulen/ Hauptschulen/ Gemeinschaftsschulen mit eigenen Profilen entwickeln und unterstützen z.B auch im Verbund mit SBBZ.

Der Zauberlehrling
3 Tage zuvor

Und wieder mal Corona als Begründung mit angeführt …

Gut Ding will Weile haben.

Wer soll denn all die neuen Bücher digital zusammenschnippeln? Bis zum September können die Lehrer der fünten Klasse froh sein, wenn erste Bildungspläne nicht allzu leer vor ihnen liegen.

Rüdiger Vehrenkamp
2 Tage zuvor

Politiker ziehen auch noch gerne die „Corona“-Karte. Wahrscheinlich haben die Eltern sich das abgeguckt.

Schulmeister
2 Tage zuvor

Inhaltlich gäbe es genug zu tun. G8,und eine Menge neuer Prüfungsformate haben dazu geführt, dass man sich genau darauf fokussiert hat: die neuen Formate mit großem Einsatz von Medien, Papier und vor allem Zeit einzuüben, was zwangsweise dazu führte, dass anderes, was nicht unbedingt prüfungsrelevant war, nicht mehr zum Zuge gekommen ist. Von daher wäre sowohl im Bereich Vertiefung als auch noch mehr im Bereich Verbreiterung / Kontext schaffen noch sehr viel zu tun. Als jemand, der viele Jahre in G8 und ebeso in G9 unterrichtet hat, muss ich sagen, schade, dass es so lange gedauert hat, bis man erkannt hat, dass G8 in der durchgeführten Art ein Holzweg war. Organisatorisch ist der Umstieg aber eine echte Herausforderung, insbesondere wenn man jetzt im Doppelpack (also mit zwei Klassen) umsteigen will. Das stelle ich mir nochmal schwieriger vor.