Studie: Privatschulen fördern Gesundheit auch im späteren Leben

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LONDON. Eine private (kostenpflichtige) Schul- und Hochschulausbildung kann mit besserer Gesundheit in der Lebensmitte verbunden sein, wie eine aktuelle Studie aus Großbritannien nahelegt.

Schon mehrfach haben Studien belegt, dass der Bildungsabschluss mit der Gesundheit im späteren Leben verbunden ist, wobei grundsätzlich eine bessere Gesundheit mit einem höheren Bildungsabschluss zusammenhängt. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass auch die Art der Bildungseinrichtung, die eine Person besucht, spätere Gesundheitsergebnisse beeinflusst, zumindest in Großbritannien. Gerade der Aspekt Art der besuchten Schule oder Hochschule sei bislang in der Forschung weitgehend ignoriert worden, obwohl Auswirkungen auf zukünftige Beschäftigungsaussichten und Einkommen wahrscheinlich seine, die auch die physische Gesundheit beeinflussten, erklären die Forscher um Keyao Deng vom University College London.

lächelnder grauhaariger, bärtiger Mann vor einem hellen Hntergrund
Private Schul- und Hochschulbildung kann Gesundheit und Wohlbefinden langfristig verbessern. Foto: Shutterstock

Um die Wissenslücke zu schließen, griffen die Forscher auf Daten der British Cohort Study (BCS70) von 1970 zurück, einer repräsentativen Langzeitbefragung einer Gruppe von Menschen in Großbritannien, die in einer einzigen Woche des Jahres 1970 geboren wurden. Zu Beginn umfasste die Studie 17.196 Babys, die anschließend im Alter zwischen 5 und 51 Jahren mehrmals nachbeobachtet wurden. 2016–18 nahmen 12.368 Teilnehmer im Alter zwischen 46 und 48 Jahren an der 10. „Durchmusterung“ der Studie teil, von denen 8581 (69,5 %) interviewt wurden.

Die Art der weiterführenden Schule, die jede Person besucht hatte, wurde in privat (gebührenpflichtig), Gymnasium (respektive Grammar School – selektiv, gebührenfrei), Gesamtschule (staatlich finanziert) und sonstige eingeteilt. Schulen für sonderpädagogische Bedürfnisse wurden ausgeschlossen.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die einen Abschluss hatten, wurden im Alter von 42 Jahren nach der ersten Universität gefragt, die sie besucht hatten. Diejenigen, die eine der Universitäten der Russell Group, einem Verbund von 24 britischen Universitäten mit Exzellenz-Status, besucht hatten, wurden als Absolventen einer Universität mit „höherem Status“ eingestuft. Diejenigen, die keine Universität besuchten, wurden entsprechend ihrer höchsten Qualifikation in zwei Gruppen eingeteilt: keine oder nur GCSEs beziehungsweise A-Levels/Diplome.

Drei Gesundheitsbereiche, darunter Herz-Kreislauf-Risiken, körperliche Fähigkeiten und kognitive Fähigkeiten, wurden bewertet, als die Teilnehmer 46 bis 48 Jahre alt waren. Diese wurden anhand von Gewicht (BMI), Puls und Blutdruck, Griffstärke und Gleichgewicht im Stehen sowie Gedächtnis, verbaler Gewandtheit und „exekutiven Funktionen“ erfasst. Ebenfalls erfasst wurden potenziell einflussreiche Faktoren in der Kindheit, etwa Gesundheit und kognitive Fähigkeiten (Tests im Alter von 10 Jahren), Bildung und Beruf der Eltern und Haushaltseinkommen.

Die Wissenschaftler analysierten überdies weitere Faktoren, um die häusliche Lernumgebung und die Bildungsambitionen der Eltern zu berücksichtigen. Dazu gehörten Variablen wie die Häufigkeit, mit der die Eltern dem Kind vorlasen (gemessen im Alter von 5 Jahren), wie oft das Kind in Museen/Bibliotheken ging (Alter von 10 Jahren), ob die Eltern den Lehrer des Kindes im letzten Jahr getroffen hatten (Alter von 10 Jahren) und ob die Eltern an der Bildung des Kindes interessiert waren (Alter von 10 Jahren, nach Einschätzung der Lehrerinnen und Lehrer des Kindes).

Die Analyse der Interviewantworten zeigte, dass die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Gesamtschule oder „andere“ Schule besucht hatten (7229 oder knapp über 89 %). Knapp 4 % (308) hatten eine (mit dem deutschen Gymnasium vergleichbare) Grammar School besucht, während 7 % (570) eine private, kostenpflichtige Schule besucht hatten.

Insgesamt war eine Sekundarschulbildung an einer Privatschule nach Berücksichtigung von Geschlecht und anderen einflussreichen Faktoren mit besseren kardiometabolischen Gesundheitsergebnissen verbunden als eine staatliche Gesamtschulbildung. Ebenso war der Besuch einer Universität mit höherem Status mit besseren kognitiven Funktionen verbunden, während kein Abschluss mit schlechterer Gesundheit im Vergleich zum Besuch einer Universität mit normalem Status verbunden war. Der Besuch einer Grammar School war auch mit besserer kardiovaskulärer und kognitiver Gesundheit verbunden als der Besuch einer Gesamtschule, aber dieser Unterschied schwächte sich ab, nachdem die anderen potenziell einflussreiche Faktoren berücksichtigt wurden.

Die Forscher selbst wiesen zwar darauf hin, dass einige Faktoren, die Einfluss auf den Bildungsabschluss hätten, schwer umfassend zu erfassen seien, etwa der sozioökonomische Hintergrund der Familie und die kognitiven Fähigkeiten. Dennoch kommen sie auf Basis ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass neben dem Bildungsabschluss auch die Art der Bildungsinstitution, an der jemand seine Ausbildung absolviert, zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen Bildung und Gesundheit beitragen könnte.

Überdies bleibe die Generalisierbarkeit der Ergebnisse bis heute unklar, insbesondere angesichts der Veränderungen im Bildungssystem in den letzten Jahren. Dennoch sollten zukünftige Maßnahmen zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheiten sowohl die Leistungen als auch die Bildungsqualität berücksichtigen. Dies sei insbesondere angesichts der steigenden Zahl an Universitäten wichtig, bei denen andere Aspekte der Bildungserfahrung die gesundheitliche Ungleichheit besser aufzeigen können. (pm)

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5 Kommentare
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GriasDi
5 Tage zuvor

Vielleicht liegt ja auch nur am Geld.

Unfassbar
5 Tage zuvor
Antwortet  GriasDi

Besonders in England, wo die Privatschulen echt teuer sind.

Biene
5 Tage zuvor

Die Studie ist, um es höflich auszudrücken, nett!
Fakt: Wenn ich keinen Arzt habe, der mich im Erhalt meiner Gesundheit unterstützt (Impfen, Vorsorgeuntersuchungen etc.), dann hilft auch ein Studium nichts.
9 Allgemeinmediziner angerufen: 9 Absagen erhalten.
Dem örtlichen Marburger Bund geschrieben und eine, gelinde gesagt, hochmütige Antwort erhalten.
Das meine berufliche wie ehrenamtliche, und hiermit auch die Zukunft meiner Mitmenschen, durch dieses Verhalten indirekt gefährdet ist, kann mir auch kein Studium ändern.

Indra Rupp
5 Tage zuvor

Was, wenn unter den tausenden Schülern der „unteren“ Schulformen, genauso ein paar Hundert zusammen kommen, die ausgesprochen gesund sind, wie die paar Hundert der Grammer-und Privatschule? Die paar Hundert der anderen Schulformen werden im Ergebnis dann nur durch zahlreiche, nicht so gesunde Menschen dort herunter gezogen. Die nicht so gesunden bekommen wegen der kognitiven oder anderer Schwächen, infolgedessen auch finanzieller Probleme, keinen Platz an der Grammer – oder Privatschule. Ließe man diese Leute nun an eben diese Schulformen, wäre das Ergebnis wohl umgekehrt und wir hätten nicht auf einmal lauter gesunde Menschen als Folge. Einen kleineren Prozentsatz Veränderung mag es trotzdem geben. Für mehr müsste noch viel mehr passieren.

Lisa
5 Tage zuvor

Arbeitshypothese: “ Geld, besonders altes Geld, ist der Gesundheit echt zuträglich. Es ist auch gesünder, reich und gesund zu sein als arm und krank“ Ich möchte zu meiner Hypothese eine Studie durchführen und Gelder beantragen.
Im Ernst: Unter all den -ismen ist der Klassismus der Vernachlässigte. Klingt ja auch schon so nach Klassenkampf und das ist igitt.